Ritournelle: Kammerspiele mit Pantha du Prince, ÂME & Jon Hopkins

  • Unter dem Namen RITOURNELLE fanden bereits im letzten Jahr international renommierte Bands und DJs zusammen, um den 100. Geburtstag der Münchner Kammerspiele bis in die frühen Morgenstunden zu tragen. In dieser Spielzeit liegt der Fokus auf experimentellen Ansätzen elektronischer Popmusik. Getanzt werden darf trotzdem – immerhin werden eigens für diese Nacht die Sitze aus dem Parkett des Schauspielhauses gebaut. ... Wie im letzten Jahr haben wir leider ein extrem begrenztes Ticket-Kontingent. PANTHA DU PRINCE (ROUGH TRADE) ist sicherlich einer der experimentierfreudigsten Klangkünstler dieser Tage. In seiner unverwechselbare Soundästhetik treffen melodische Synthesizer-Arrangements auf druckvolle Bassläufe, denen trotz der physischen Dringlichkeit stets eine träumerische Leichtigkeit innewohnt. Sein Projekt PANTHA DU PRINCE & THE BELL LABORATORY, bei dem unter seiner Leitung neun Musiker unterschiedlichster Hintergründe zu einem Glockenspielspektakel zusammenfanden, tourte in den letzten Monaten durch die ganze Welt. Nachdem er München seit über einem Jahr ferngeblieben ist, wird er bei RITOURNELLE einen Solo-Live-Act zum Besten geben. ÂME sind Kristian Beyer und Frank Wiedemann. Mit ihrem Label INNERVISIONS haben sie in den letzten Jahren den Horizont dessen, was Dance Music (in Zukunft) sein kann, immer wieder neu ausgemessen und erweitert. Immer ein Zitat auf den Lippen (“Die Junggesellenmaschine”) und doch im Geiste längst in der Zukunft angekommen (wie dieser unfassbare, noch namenlose neue Track, der bereits im WWW kursiert) sind sie die Rave Dandys der Post-Postmoderne. Obwohl ihre Stücke sich stets durch differenzierte Strukturen und einen hohen Komplexionsgrad auszeichnen, entfalten sie eine rohe Energie, die zur Bewegung zwingt. Während Frank sich derzeit vor allem seinem Live-Projekt HOWLING verschrieben hat, tourt Kristian als DJ durch die besten Clubs und Festivals dieses Planeten. Seine epischen Sets streifen durch die unterschiedlichsten Stil-, Spiel- und Abarten der elektronischen Musik und lassen keinen unberührt. Ohne Zweifel kann er als einer der versiertesten DJs weltweit bezeichnet werden, was er an diesem Abend unter Beweis stellen sollte. JON HOPKINS hat in diesem Jahr seinen großen Durchbruch. In Deutschland jedenfalls. In seiner Heimat UK blickt der junge Soundtüftler aus dem Dunstkreis von James Holden und Four Tet längst auf eine große Fanbase, die ihn gerade aufgrund seiner vielseitigen und differenzierten Zugänge zu elektronischen Klangwelten so schätzen. Bisher war Hopkins vor allem für seine atmosphärisch auskomponierten Ambient-Soundscapes bekannt, die ihm Aufträge als Filmkomponisten einbrachten (u.a. für den Kultfilm “Monsters”). Sein im Juni auf DOMINO erschienenes Album “Immunity” zeigt nun auch seine andere Seite, die sich in wuchtigen, außerordentlich komplexen Drumarrangements ergeht und den auch für den Club keine Fragen offen lässt. “Immunity” gilt längst als das beste Border Community Album, das nie auf Border Community herauskam. Wer ihn je live mit seinen vier Chaos-Pads hat hantieren sehen, weiß ohnehin, wohin der Hase läuft. Bei RITOURNELLE spielt er sein erstes Konzert in München ever. WALLS ist eine britische Zwei-Mann-Band, deren eigentümlicher Stil zwischen Krautrock und Experimental-Electronica changiert. Sie selbst bezeichnen ihre Klangforschertätigkeit als "Private investigations into wild frequencies". Zwei Alben kamen bislang auf dem Kölner Königslabel KOMPAKT heraus und beide gelten unter Kennern längst als Kultscheiben. Zu den Fans von WALLS zählen immerhin James Holden, Caribou oder Jamie XX. Mit flirrenden Vocals, Phasing-Synths und verschachtelten Beats schaffen WALLS einen wirren und betörenden Sog, der im wahrsten Sinne des Wortes die Wände des Bewusstseins einreißt und - mit Huxley gesprochen - die Pforten der Wahrnehmung öffnet. Auch WALLS spielen in diesem Rahmen ihr erstes München-Konzert. DEPTFORD GOTH ist der Pop von Morgen. Auch wenn das noch nicht alle so recht wahrhaben wollen. Ein einsamer britischer Kunsthochschulabsolvent, der da richtig ansetzt, wo Hot Chip vor ein paar Jahren falsch abgebogen sind. Wunderbare melancholische Hooklines, sanfte Chillwave-Flaechen und dezent platzierte UK-Rhythmik. So muss der Pop von Morgen klingen oder ich will nicht dabei sein. Entdeckt wurde der neü Hype der Insel von Milo Cordell, der auf seinem Label schon Bands wie Chrystal Castles oder die Klaxons zu Groessen heranzog. The Guardian schrieb Deptford Goth klinge “wie das erste Bon Iver Album, verlegt in ein Schlafzimmer von South London und geremixt von Jamie XX”. In diesem Sinne: Der perfekte Einstieg in so einen Abend.
RA